In der Literatur häufig berichtete Daumenregeln (einen Überblick bieten z. B. Brayant & Yarnold, 2001) bezüglich der Mindestanzahl von Fällen im Verhältnis zur Variablenanzahl (z.B. 1:3; 1:10) konnte von MacCallum, Widaman, Zang und Hong (1999) sowie von Mundform, Shaw und Ke (2005) nicht bestätigt werden (obgleich bei Art der gewählten Extraktions- und Rotationsmethode bei diesen Studien eine Übertragbarkeit auf andere Methoden erschwert). Wichtiger scheint der Zusammenhang zwischen dem Stichprobenumfang und den Kommunalitäten (Klopp, 2010). So fanden MacCalum et a. (1999) in einer Monte-Carlo-Studie heraus, dass bei einem Stichprobenumfang von n=60 die Kommunalität eines jeden Items mit mindestens h2=.60 ausreichend zu sein scheint. Folgt man der Zusammenfassung von Bühner (2011) so ist die Durchführbarkeit einer Faktorenanalyse bei einer Stichprobe von n = 100 und durchgängigen Kommunalitäten von h2 > .50 als „ausreichend“ zu beurteilen (siehe Tabelle 1). Dennoch zeigt sich grundsätzlich ein positiv-linearer Zusammenhang zwischen der Parameterschätzung und dem Stichprobenumfang.
Tabelle 1
Zusammenhang von Stichprobengröße, Kommunalitäten und der Durchführung einer Faktorenanalyse (in Anlehnung an Bühner, 2011, aus Klopp, 2010)
Stichprobengröße | Kommunalität | Interpretation |
n<60 | h2<.60 | keine Faktorenanalyse durchführbar |
n=60 | h2>.60 | gerade ausreichend |
n=100 | h2>.50 | ausreichend |
n=200 | h2>.50 | fair |
n= 300 | h2>.50 | gut |
n=500 | h2>.50 | sehr gut |
n=1000 | h2>.50 | exzellent |
Eine weitere Rolle spielt die Anzahl an extrahierten Items pro Faktor: je geringer der Stichprobenumfang, desto höher müssen die Kommunalitäten der Variablen ausfallen und umso mehr Items sollten auf einem Faktor laden. Veranschaulichen lässt sich dies anhand folgender Tabelle 2. Auch dieser Befund stützt sich auf besagte Simulationsstudien (ebd., bei denen eine Maximum-Likelihood-Analyse mit Varimax-Rotation durchgeführt wurde) und kann somit nur als Anhaltspunkt dienen (Klopp, 2010).
Tabelle 2
Mindestitemanzahl pro Faktor in Abhängigkeit von den Kommunalitäten (nach Bühner, 2011)
Interpretation | hohe Kommunalität
(0.60-0.80) |
mittlere Kommunalität
(0.40-0.60) |
niedrige Kommunalität
(0.20-0.40) |
|||
Items pro Faktor | N | Items pro Faktor | N | Items pro Faktor | N | |
ausgezeichnet | 4 | 500 | 4 | 900 | 4 | 1400 |
ausgezeichnet | 6 | 250 | 6 | 200 | 6 | 260 |
ausgezeichnet | 8 | 100 | 8 | 130 | 8 | 130 |
gut | 5 | 130 | 5 | 140 | 5 | 200 |
gut | 7 | 55 | 7 | 60 | 8 | 80 |
Anmerkung. N=Stichprobenumfang.
Fazit: Mindestens N=100 stimmt nicht immer (pauschal). Auf Basis dieser Recherchen, scheint es trotz eines „geringen“ Stichprobenumfangs (von z.B. N=60 – unter Berücksichtigung der Kommunalitäten und der extrahierten Faktoren sowie deren Itemanzahl) grundsätzlich möglich zu sein, die Ergebnisse einer Faktorenanalyse zumindest als erste Hinweise für weitere Adaptionen von Fragebögen heran zu ziehen.
Letztlich möchte ich wenigstens kurz darauf hinweisen, dass die Stichprobe nicht nur ausreichend groß sein sollte, sondern – und das ist meiner Ansicht nach noch wichtiger – die Grundgesamtheit der Personen für die das jeweilige Untersuchungsinstrument konstruiert wird/wurde, angemessen und möglichst repräsentativ widerspiegelt…ein Thema für sich. 🙂
Literatur
Bühner, M. (2011). Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion (3. Aufl.). München: Pearson.
Bryant, F.B. & Yarnold, P.R. (2001). Principal-component analysis and exploratory and confirmatory factor analysis. In L.G. Grimm & P.R. Yarnold (Hrsg.), Reading and understanding multivariate statistics, S. 99-136. Washington, D.C.: American Psychological Association.
Klopp, E. (2010). Explorative Faktorenanalyse. Universität des Saarlandes. Verfügbar unter: http://hdl.handle.net/20.500.11780/3369
MacCallum, R. C., Widaman, K. F., Zhang, S., & Hong, S. (1999). Sample size in factor analysis. Psychological Methods, 4(1), 84-99. doi: http://dx.doi.org/10.1037/1082-989X.4.1.84
Mundfrom, D. J., Shaw, D. G., & Ke, T. L. (2005). Minimum Sample Size Recommendations for Conducting Factor Analyses. International Journal of Testing, 5(2), 159-168. doi: http://dx.doi.org/10.1207/s15327574ijt0502_4
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